EINE SÄCHSISCHE PRINZESSIN IN WEBERS DRESDNER UMFELD
Es folgt der Beginn meines Artikels in: Weberiana, Heft 10 (2000)
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Weber und das Dresdner Königshaus

„lch weiß ja, daß es hier für meine Kunst kein Heil giebt, daß ich keine spornenden Aufträge bekomme, daß es mir an Anregung und Umgang mangelt, daß hier eine lähmende, jeden hohen Schwung hindernde Luft von oben und von allen Seiten weht, daß ich mehr leisten könnte und würde, wenn ich fort ginge, aber ich kann aus dem verflucht hübschen Neste nicht heraus!"
So zitiert Webers Sohn Max Maria aus einem Brief seines Vaters an Johann Friedrich Rochlitz über Carl Maria von Webers Lebenssituation in Dresden (Max Maria von Weber, Carl Maria von Weber Ein Lebensbild, Bd. 2, Leipzig 1864, S. 168).
Die beklagte lähmende Luft von oben findet in vielen Quellen zur Dresdner Geschichte, ja beinahe in der gesamten Dresdner Erinnerungs-Literatur aus dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts Erwähnung. Die intellektuelle Atmosphäre der Stadt erhielt während der Regierungszeit Friedrich August I. (1768-1827) von der Seite des regierenden Hauses kaum positive Anstöße. Selbst der eher unkritische, königstreue Leibarzt, der polyglotte Hobbymaler Carl Gustav Carus, mußte konstatieren: "Ein solcher Hof ist, wie sich manche die Sonne denken, äußerlich weithin leuchtend, innerlich dunkel und still" (zitiert nach Günther Jäckel (Hg.), Dresden zwischen Wiener Kongreß und Maiaufstand, Berlin 1990, S. 113).
Der damals stadtbekannte Zyniker Hermann Meynert zergliederte 1833 die Dresdner Gesellschaft; sein Kommentar zur Adelsschicht liest sich folgendermaßen: „Unter der Regierung Friedrich August's, eines, der Consequenz seines Charakters gemäß, unbeugsamen Anhängers des steifen, formellen, veralteten Wesens, war die Etiquette des sächsischen Hofes dermaßen in Fischbein eingeschnürt, daß man die zopfsteifen Sitten des vergangenen Jahrhunderts daselbst noch in der höchsten Malertreue abconterfeit finden konnte.'' (Hermann Günther Meynert (Pseud. Janus), Charaktergemälde von Dresden, grau in grau; für Alle, welche die Erbresidenz bewohnen oder kennen zu lernen wünschen, Pößneck 1833, S. 340)

Im Anschluß an sein Engagement in Prag war Carl Maria von Weber 1817 mit viel Elan und Idealismus, mit Energie und Reformideen als Musikdirektor in die sächsische Residenzstadt übergesiedelt. Hier lernte er schon bald das Innere der Sonne, den hohen Adel und die Königsfamilie, zur Genüge kennen.
Zu den Aufgaben des Dresdner Kapellmeisters gehörte neben der Arbeit an der Oper und der Hofkirche auch die Komposition von Huldigungsmusiken für Mitglieder des Hofes. So führte Weber am 26. Juli 1817 eine kleine Kantate "Zwei Kränze zum Annen-Tage" für vier Männerstimmen mit Klavierbegleitung (Text von Friedrich Kind, JV 218) im höfischen Kreise im Sommerschloß Pillnitz vor den Toren Dresdens unter Mitwirkung dreier beliebter Sänger der von ihm aufzubauenden Deutschen Oper auf.